Wie es begann
Das Projekt HISTORISCHE GRENZE gibt es nun seit 2015 und es begann kurios bei einem Spaziergang im Ortsteil Ziegelhütte der Stadt Schillingsfürst auf der Frankenhöhe. Dort stolperten wir über einen Grenzstein mit den Buchstaben "HG" und "PG".
Seitdem ist viel passiert.
Als zweite Initiative haben wir die Grenzsteinlinie zwischen dem Markgraftum Ansbach und dem Fürstentum Hohenlohe-Schillingsfürst erforscht. Parallel hierzu war auch die Gruppe Grenzcommissaire unter Leitung von Herrn Seyerlein dort seit 1985 aktiv.
Mit dieser Grenzsteinlinie, die die erste echte Landesgrenze auf dem Boden des Fränkischen Reichskreises darstellt und damit Geschichte schrieb, konnten wir unser Angebot aufbauen. Neben der Grenzsteinforschung kam der Denkmalschutz dazu und nach einem Unfall im Jahr 2016, bei dem ein solcher Grenzstein schwer beschädigt wurde, auch die Frage nach dem Grenzsteinrecht.
Wir können also sagen, dass sich unser Fundament auf der Frankenhöhe gebildet hat. Nach dieser Grenzsteinlinie folgten dann die Rothenburger Landhege, die Grenzen der Reichsstadt Nürnberg, die Preußensteine im Fichtelgebirge, die Enklave Lichtenau und zuletzt die Hohenzollernsteine, die eine Grenzsteinlinie von Fürth bis nach Bad Windsheim bilden.
Die Grenzsteine und ihre Bedeutung
Grenzsteine sind die sichtbaren Zeugen der Vergangenheit, die uns heute noch auf die damals verlaufenden Grenzen hinweisen. Viele davon sind wunderschön mit Wappen reliefiert.
Die Bedeutung dieser steinernen Zeugen wird vielfach unterschätzt und so verschwinden sie aus ihrem geschichtlichen Umfeld um in Steingärten, auf Ausstellungen oder im privaten Umfeld als Zierrat zu dienen.
Das hieraus entstehende Problem ist, dass die historischen Grenzen dann nicht mehr nachvollziehbar sind. Zu den Zeiten eines Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation gab es kein GPS! Eine moderne, teilweise lasergestützte Meßtechnik existierte ebenfalls nicht.
So blieb den Grenzvermessern in ihren Berichten nur die Grenzen abzulaufen und ihren Weg so genau wie möglich zu beschreiben. Hierbei wurden Äcker unter Nennung der Eigentümer genutzt, wie Birnbäume oder Bachläufe.
Wie aber soll man heute aus diesen Beschreibungen ohne Bezugspunkt in der Landschaft eine Grenze rekonstruieren? Flurbereinigungen, Gebietsreformen und veränderte Fluss- und Bachläufe verwischen die Spuren der Vergangenheit derart, dass der Versuch die Geschichte zu zeichnen oft nur noch möglich ist, wenn tatsächlich noch ein Grenzstein am historischen Setzungsort Wacht hält.
Ein paar Beispiele für die Verwendung von Grenzsteinen aus unseren Recherchen
Hier am Gartenzaun sehen wir einen über 400 Jahre alten Hegestein aus der Grenzsteinlinie Landhege Nord. Er trägt die Nr. -063 und steht in Rothenburg. Sein ursprünglicher Ort ist nahe Neustett.
Dieses Bild schmerzt, denn dieser Grenzstein kann keinen Denkmalschutz erlangen, weil der Bezug zur alten Grenze fehlt. Dennoch ist hier die Lage wohl so, dass er beim Verkauf des Landhegegrundstücks durch den Bayerischen Staat um das Jahr 1820 bis 1830 kein gewidmeter Grenzstein mehr war und so ins private Eigentum kam.
Es ist also eine legale Situation. Vielleicht lässt es sich dennoch erreichen, dass der heutige Eigentümer diesen Stein wieder der Geschichte zurückgibt und er an der Grenzlinie gesetzt werden kann.
Nicht mehr wieder gesetzt werden können diese beiden Hegesteine, die um die Jahrhundertwende des 19. zum 20. Jahrhunderts in diesen Dachgiebel eingebracht worden sind. Sie sind in ihrer Form verändert und auf der Ansbachischen Seite mit Mörtel im Mauerwerk verbunden worden.
Auch hier haben wir die rechtlichen Hintergründe -soweit uns möglich- geprüft und kamen zum gleichen Ergebnis, wie beim Stein am Gartenzaun. Das ist legal.
Dieser Hohenzollernstein, der die Nummer 30 tragen müsste, was leider nicht mehr lesbar ist, findet sich in Anfelden/ LKr. Ansbach. Er markierte ab 1753 die Jagdgrenze zwischen den beiden Hohenzollernreichen Brandenburg Ansbach und Bayreuth.
Als Jagdstein unterlag er ab 1806 mit der Übernahme durch den Bayerischen Staat keiner Widmung mehr.
Da er aber als gewidmeter Stein in das ursprüngliche Grundstück eingebracht worden war, ist zu vermuten, dass hier immer noch der Staat das Eigentum ausübt.
Dieser hätte dann das Eigentum mit der Machtübernahme 1806 von den Hohenzollern erworben.
Dieser Umstand bedürfte aber einer grundlegenderen rechtlichen Prüfung.
Der Stein steht aber immer noch in der Nähe der Grenzsteinlinie, so dass er in Kürze unter Denkmalschutz gestellt werden wird.
Demnach wäre die Entfernung aus dieser Mauer, in die er eingebracht worden ist, eine Ordnungswidrigkeit, die mit bis zu 250.000 € geahndet werden könnte.
Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen...
Der Schutz von Grenzsteinen
Wie aber können Grenzsteine geschützt werden und dennoch sind sie für die Menschen zugänglich? Im Normalfall kommt der Mensch zum Denkmal und nicht umgekehrt. Dies sollte auch für historische Grenzsteine gelten.
Da sich diese oft an unzugänglichen Stellen befinden, bedarf es der Information um diese aufsuchen zu können. HISTORISCHE GRENZE möchte dies im Rahmen seines Internetangebots und den Social Media leisten. Jeder kann sich informieren und die von uns bereits registrierten Steine über die Grenzsteinkarte (in unserem Angebot) finden.
Daneben verfolgen wir ein Projekt "Grenzwanderweg" (https://www.historische-grenze.net/grenzwanderweg) bei dem wir verschiedene Events rund um die Grenzsteine entwickeln und anbieten wollen.
Über eine Karte mit dem Handy Grenzsteine jagen oder geführte Wanderungen sind hier in der Entwicklung, bzw. in einer ersten Stufe bereits vorhanden. Die Entwicklung einer App, die diese Grenzsteinpositionen enthält und so ein "Borderstonecaching" anbietet, planen wir derzeit und suchen zur Umsetzung geeignete Partner.
Weiterhin wichtig ist, dass der Eigentümer der Grenzsteine, das ist im Regelfall der Staat, genau definiert ist. Hier hat HISTORISCHE GRENZE seit 2016 ermittelt und angefragt. Zuletzt haben wir dann am 25.11.2020 über eine Petition im Bayerischen Landtag die Aussage erhalten, dass die Unteren Denkmalschutzbehörden zuständig seien. Die scheinen das aber gar nicht zu wissen und so hoffen wir auf eine bessere Kommunikation innerhalb der staatlichen Stellen und der Gebietskörperschaften.
Ist ein Eigentümer nun endlich definiert, dann ist geklärt wer für den Erhalt der Grenzsteine zuständig ist (Art 4 BayDSchG) oder wer Schadensersatzansprüche stellt, wenn ein Grenzstein beschädigt wurde. Weiterhin besteht nun eine Stelle, die man fragen kann, wenn man einen Grenzstein von der Grenzlinie nehmen will. Das Einverständnis des Eigentümers ist immerhin erforderlich. Danach folgt dann die Abklärung der abmarkungs- und denkmalschutzrechtlichen Fragen.
HISTORISCHE GRENZE hofft mit diesen Maßnahmen die Zeugen der Geschichte, die Grenzsteine nun mal sind, dauerhaft schützen zu können.
Öffentlichkeitsarbeit und die Mithilfe der Menschen
Während HISTORISCHE GRENZE durch Aktionen und Veröffentlichungen auf die Thematik hinweist, wird die Mithilfe der Menschen dringender denn je benötigt. Niemand kennt sich in seiner Heimat besser aus, als derjenige, der dort wohnt.
Wir arbeiten überregional im Mittleren Franken, das von der ehem. Böhmischen Grenze bis ins Württembergische reicht. Die Menschen vor Ort geben uns den dringend benötigten regionalen Kontakt.
Nur im Zusammenwirken dieser beiden Komponenten und unter Mithilfe der Verantwortlichen in der Politik, kann ein solches Projekt dann letztlich gelingen und vorwärts gebracht werden.
Jahresbilanz 2020
Im Jahr 2020 konnten wir die hohenzollersche Grenze quer durch Franken erforschen. Hier haben wir die Fraisch- und Territorialgrenze zwischen Fürth und Bad Windsheim bearbeitet und dokumentiert. Die noch existenten Grenzsteine stehen nun als Grenzsteinlinie unter Denkmalschutz.
Die Jagdgrenze der Hohenzollern des Jahres 1753 wurde bearbeitet und die Grenzsteine an das Landesamt für Denkmalpflege gemeldet.
Die Steine am Heidenhügel (Dietenhofen) wurden aufgenommen und die Geschichte dieser Steine erforscht, was aktuell noch andauert.
Hier konnten die Grenzsteine des Jahres 1719, die ebenfalls hohenzollersche Steine sind, auch als Linie unter Denkmalschutz gestellt werden.
Zwei dieser Steine wurden Ende der 1990er Jahre vom Originalstandort zum Siebener Denkmal "Siebener Platz" nach Langenzenn gebracht.
Sie können dort besichtigt werden.
Im Fürther Stadtwald stehen mehrere Grenzsteine, die die Hofmark Fürth begrenzen. Sie zeichnete sich dadurch aus das Prinzip des Territorium Non Clausum augenscheinlich widerzuspiegeln.
In der Zeit des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation gab es keine Länder, wie wir sie heute kennen, sondern mit Grenzsteinen abgemarkte Herrschaftbereiche, in denen dann z.B. die Blutgerichtsbarkeit (Fraisch) oder das Jagdrecht oder das Steuerrecht ausgeübt werden konnte.
In Fürth herrschten zur gleichen Zeit DREI MÄCHTE, was den Begriff Dreiherrschaft prägte: Nürnberg, Ansbach und Bamberg.
In Dürrnbuch hat HISTORISCHE GRENZE im Rahmen der Erforschung der Hohenzollerngrenze festgestellt, dass einer der Grenzsteine, die Nummer 34, abseits der Linie in einem Steingarten aufgestellt war und konnte über die Stadt Emskirchen und das dortige Bauamt den Rückführungsprozess einleiten.
Mit unserer Petition im Landtag des Freistaats Bayern waren wir in der Lage klären zu lassen, wer das Grenzsteineigentum an staatseigenen Grenzsteinen ausübt.
...als Highlight am Ende des Jahres ist es durch die Unterstützung der Landräte, Herrn Dr. Weiss und Dr. Ludwig, gelungen zwei versunkene Landhegesteine an der Landhege Nord wieder zu heben und sie damit vor dem Versinken zu bewahren. Der Weg dauerte 1,5 Jahre, aber er war letztlich erfolgreich...
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