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Denkmalschutz ☰ projekt HISTORISCHE GRENZE

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Rosenstein und Biberstein

Autorenbild: H. BeierstettelH. Beierstettel

Zwischen Külsheim und dem Kloster Bronnbach im Taubertal im äußersten Norden Baden-Württembergs liegt der große Schönertswald. Ein großer Teil des Schönerts liegt auf Külsheimer, kleinere Flächen auf Dörlesberger bzw. Reicholzheimer Gemarkung. Und auch das Kloster Bronnbach hatte dort viel Waldbesitz. Für alle vier hatte der Wald große wirtschaftliche Bedeutung: Er war nicht nur geteiltes Jagdrevier und wichtige Quelle für wertvolles Bauholz und Brennholz, auch das Vieh wurde zur Mast in den Wald getrieben. Von jeder Partei wurde peinlichst darauf geachtet, dass die anderen dabei nicht die festgelegten Grenzen überschritten. Natürlich kam es darüber immer wieder zu Streitigkeiten. Eine Akte im Staatsarchiv Wertheim (StaWt R-Lit. Br Nr.1116) dokumentiert bereits im Jahr 1225 Grenzstreitigkeiten zwischen der Stadt Külsheim und dem Kloster Bronnbach. Später werden die Dörlesberger beschuldigt, im Külsheimer Schönert Laub und Holz gesammelt zu haben, dann will Külsheim den Reicholzheimer verbieten, weiterhin das Vieh in ihren eigenen Wald zu treiben. Derlei Zwistigkeiten flammten bis ins 19. Jahrhundert immer wieder auf.


Es ist naheliegend, dass die Grenzen im Schönert frühzeitig sorgfältig versteint wurden, allerdings kam es hier immer wieder zu Sabotage-Akten: Anfangs kennzeichnete man die Grenzen, indem man meist großen, alten Bäumen Marken einschlug. Bei den regelmäßigen Grenzbegehungen wurden solche Lochbäume immer wieder umgehauen vorgefunden. Später setzte man immer mehr Grenzsteine. Manche verschwanden ganz, manche wurden ausgegraben, bei anderen hegte eine Partei den Verdacht, dass die Nachbargemeinde die Steine heimlich versetzt hatte, was die natürlich wiederum bestritt. Im Staatsarchiv Wertheim lagern zahllose Akten über derlei Streitigkeiten über den Schönertswald. Einige davon sind schon digitalisiert und online zugänglich (www2.landesarchiv-bw.de/ofs21).


Bild 1: Karte vom Schönertswald mit Rosenstein und Biberstein (hier jeweils mit einem grünen Kreis markiert) (Staatsarchiv Wertheim R-K Nr. 5904)
Bild 1: Karte vom Schönertswald mit Rosenstein und Biberstein (hier jeweils mit einem grünen Kreis markiert) (Staatsarchiv Wertheim R-K Nr. 5904)

Vermutlich wegen all dieser Auseinandersetzungen wurde es bald zur Gewohnheit, dass sich Külsheim und Bronnbach jährlich im Frühjahr im Schönert trafen, um die Waldbereiche gemeinsam abzulaufen. Dabei wurde zum Beispiel festgelegt, welches Holz geschlagen werden und wie weit das Vieh getrieben werden durfte. Von Külsheim nahmen meist Rentmeister und Ratsverwandte teil, aus Bronnbach kam der Bursierer des Klosters und auch der Dörlesberger Schultheiß wollte mitbestimmen. Der seit „undenkbaren Zeiten“ vereinbarte Treffpunkt war der Rosenstein. Er steht heute noch mitten im Schönert, auf der ehem. Gemarkungsgrenze zwischen Külsheim und Bronnbach (heute Külsheim und Reicholzheim). Der Rosenstein ist also ein sehr alter Grenzstein, der über seine Grenzfunktion hinaus eine bedeutende Funktion hatte. Gemäß einer alten Vereinbarung musste es Bronnbach zudem zähneknirschend erdulden, dass Külsheim beim Rosenstein im bronnbachischen Galgenhölzlein das Holz für seinen Galgen schlagen durfte.


Der Rosenstein hat auf seiner Oberseite ein Kreuz eingehauen, was bei sehr alten Grenzsteinen üblich war. Auf seinen Seitenflächen zeigt er aber keine Inschriften, die auf das jeweilige Hoheitsgebiet hinweisen. Leider hat er auch keine Jahreszahl. Drei Seitenflächen sind unbeschriftet, auch die beiden, die zum Külsheimer bzw. Bronnbacher Schönertswald hinzeigen. Nur die Seite, welche auf die Gemarkungsgrenze in Himmelsrichtung Bronnbach schaut, trägt ein Symbol: Das Relief einer Rosenblüte. Daher hat der Stein seinen Namen. Ob das Relief tatsächlich eine Rose abbilden soll, lässt sich nicht zweifelsfrei sagen, da es aber schon in den alten Akten und auf alten Karten so beschrieben bzw. der Stein so bezeichnet wird, bleibt es die plausibelste Erklärung.


Bild 2: Der Rosenstein im Schönertswald
Bild 2: Der Rosenstein im Schönertswald

Für was die Rose allerdings steht, bleibt unklar. Da die Rose Richtung Kloster schaut, drängt sich ein Bezug zum Kloster auf – die Rose als Symbol für die Gottesmutter Maria, für Glaube, Hoffnung und Liebe. Womöglich besteht eher ein Bezug zu den Herren von Rosenberg, ein Adelsgeschlecht, welches aus den Rittern von Uissigheim hervorgegangen ist. Im Amorsbachtal, nur ungefähr einen Kilometer vom Rosenstein entfernt, beginnt die Uissigheimer Gemarkung. Und außerhalb des Schönerts, auf Külsheimer Seite, bei der Mönchenstraße, gibt es die Rosenäcker.


Dass das Kloster Bronnbach den Stein gesetzt hat, erscheint am plausibelsten, allein schon deshalb, weil sich auf den Grenzen der ehem. Bronnbacher Gemarkung weitere Grenzsteine mit besonderen Namen fanden: So gab es einen Kelchstein, einen Mönchstein und einen Lämmlesbaum, evtl. ein alter Lochbaum. Und sogar direkt im Schönert gab es zwei weitere Steine mit sonderbaren Namen: Auf der Bronnbacher Grenze zu reicholzheim, schräg oberhalb der tiefen Buchklinge war der Herrethstein oder auch Herresstein. Und an der Stelle, an welcher der alte Fußpfad von Bronnbach nach Külsheim die Grenze dieser beiden Orte kreuzt, stand der bereits 1499 erwähnte Biberstein (StaWt R-US 1499 August 19). Auf alten Karten im Staatsarchiv Wertheim (als Digitalisate online einsehbar) sind all diese Steine noch zu finden, draußen an ihrem angestammten Platz allerdings nicht mehr. Vom Biberstein, der seinen Namen vermutlich vom direkt unterhalb beginnenden, grabenähnlichen Biberloch hat (oder war es umgekehrt?) wissen wir, dass er vor genau 300 Jahren schon verschwunden war: In einem 1724 von Külsheim durchgeführten Gemarkungsgrenzgang heißt es: „Ein Stein im Bieberloch, soll versuncken sein am Weg. Das Loch noch zu sehen.“ (StaWt R-J 3 Nr. 67 und dazu Karte R-K Nr. 6073b).

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