Im Main-Tauber-Kreis (nördl. Baden-Württemberg) grenzt die Königheimer Gemarkung über eine Strecke von ungefähr 2,5km an die (Tauber)bischofsheimer. Die gemeinsame Grenze beginnt auf der Dittwarer Höhe oberhalb des Hangwaldes Hussenbach-Wiesenbach und endet im Rinderbach am Fuße des Stammberges. Auf der Dittwarer Höhe “übergibt” Dittwar die Grenze mit Tauberbischofsheim an Königheim, im Rinderbach übernimmt dann Dienstadt. An beiden Punkten treffen somit drei Gemarkungen aufeinander. Solche Stellen wurden schon vor vielen Jahrhunderten mit besonderen Steinen markiert, den sogenannten Dreimärkern. Dreimärker sind dreieckige Steine, jeder angrenzenden Gemarkung ist eine Seitenfläche der meist sehr großen Grenzsteine zugewiesen. Aus den Bischofsheimer Grenzbegehungsprotokollen ist zu entnehmen, dass an der Stelle, an der die Gemarkungen von Bischofsheim, Königheim und Dittwar aufeinander trafen, schon im Jahre 1474 ein Dreimärker gesetzt wurde. Er überdauerte viele Jahrhunderte, 1844 wurde aber schließlich ein neuer gesetzt. Er steht dort noch heute, vom Vorgänger fehlt jede Spur. Es wäre nicht ungewöhnlich, wenn er noch vor Ort im Waldboden, verborgen unter Laub und Erde schlummern würde.
Im selben Jahr, in welchem der alte Dreimärker gesetzt wurde, wurde auf der Gemarkungsgrenze zwischen Königheim und (Tauber-)Bischofsheim ein weiterer Grenzstein gesetzt: Ein Eckstein, wie die Landschieder in ihren Protokollen betonen. Je größer der Richtungswechsel des Grenzverlaufs an einer Stelle ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass an diesem “Eck” schon sehr früh ein Stein gesetzt wurde. Am Auslauf des Bischofsheimer Gründles ins Brehmbachtal winkelt die aus dem Gründle herausziehende Gemarkungsgrenze rechtwinklig in Richtung Königheim ab. Dieser besondere Grenzpunkt wurde schon 1474, vor also genau 550 Jahren, mit einem derart mächtigen Grenzstein markiert, dass er die Jahrhunderte überstand und noch heute dort die Stellung hält. Vor zwei Jahren hätte ihm ein landwirtschaftliches Gerät dann aber fast den Garaus gemacht; er bekam einige Schrammen ab, geriet in Schieflage, wurde aber wieder aufgerichtet und fest im Boden verankert.
Seine Zerstörung wäre ein großer Verlust gewesen: Es handelt sich nicht nur um den ältesten datierten Grenzstein, der heute noch auf der Tauberbischofsheimer Gemarkungsgrenze steht, sondern auch hinsichtlich seines Aussehens um ein Unikat. Alle bearbeiteten Bischofsheimer Gemarkungsgrenzsteine bis Anfang des 18. Jahrhunderts und auch noch ein paar jüngere tragen auf Bischofsheimer Seite ein Wappenschild, in welchem sich ein Mainzer Rad befindet. Die Oberamtsstadt Bischofsheim gehörte bis zum Reichsdeputationshauptschluss im Jahre 1803 zum Erzstift Mainz. Um das Mainzer Rad
herum waren auf den alten Grenzsteinen drei zunächst klein, später groß geschriebene b als Zeichen für Bischofsheim angeordnet. Auch unser über ein halbes Jahrtausend alter Stein trägt dieses Wappenschild mit Mainzer Rad. Anders als bei allen anderen Steinen ist hier das Wappenschild jedoch leicht schräg geneigt und hat oben einen kleinen Fortsatz, der an ein Fähnchen erinnert. Zudem findet man um das Wappenschild herum nur zwei b, die sind dafür jedoch außerordentlich groß und aufwändig gearbeitet. Das dritte b ist bei diesem Eckstein auf die schmale Seitenfläche “gerutscht”, die ebenfalls in Richtung Tauberbischofsheimer Gemarkung schaut. Das macht diesen Stein einmalig. Auf der breiten Königheimer Seitenfläche findet sich dagegen nur ein schlichtes K - ein deutlicher Hinweis, welche der beiden Gemeinden diesen imposanten Markstein finanziert hat und setzen ließ.
Unter dem Wappenschild auf Bischofsheimer Seite schließlich ist das Jahr eingehauen, in welchem er gesetzt wurde. Den meisten Wanderern, die auf den großen Buntsandstein aufmerksam werden, wird sich sein Alter aber dennoch nicht sofort offenbaren: Zwar war in der zweiten Hälfte des 15. Jhd. großteils schon der Übergang von den römischen Zahlen zu den arabischen erfolgt, diese wurde teilweise aber noch deutlich anders als heute geschrieben. Das ist übrigens auch ein starker Hinweis, dass der in der vorherigen Folge dieser Artikelserie thematisierte alte Grenzstein tatsächlich nicht aus dem Jahr 1308 stammt, denn seine Jahreszahl ist schon moderner geschrieben, passt eher ins 16. Jahrhundert.
Die Schreibweise der Zahl 1474 unseres Ecksteins im Brehmbachtal dagegen passt völlig in ihre Zeit: Die Eins ist ein einfacher Strich, wie ein großes I. Die beiden Vierer erinnern an eine 8, deren unterer Kreis nach unten hin offen ist. Wenn man diese seltsame Vier um ca. 60 Grad gegen den Uhrzeigersinn dreht, ist man der heutigen 4 schon sehr nahe. Und die Sieben schließlich erinnert mehr an ein Dach (^) als an eine Sieben. Dreht man diese alte Sieben nun aber um ca. 60 Grad im Uhrzeigersinn, wird einem klar, wie sich die Schreibweise der heutigen 7 entwickelt haben dürfte. Wer sich für die Zahlenschreibweisen Mitte des 15. bis Mitte des 16. Jahrhunderts genauer interessiert, findet auf www.suehnekreuz.de/zahlen.html einen guten Einstieg.
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